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Meinung

Rechtsextremer Verdachtsfall: AfD-Urteil ist nicht die Wende

Münster – Für Menschen, die politische Kompromisse akzeptieren und Urteile der Justiz achten, ist der heutige Tag ein fast normaler Tag – auch wenn das Oberverwaltungsgericht Münster geurteilt hat, dass der Verfassungsschutz bundesweit die AfD und die Junge Alternative als rechtsextremen Verdachtsfall einstufen und beobachten darf.

Für eingefleischte Wählerinnen und Wähler der AfD ändert sich nichts. In ihrer populistischen bis rechtspopulistischen Sicht auf die Welt ist höchstens abermals erwiesen, dass Demokratie und Justiz nicht auf ihrer Seite sind. „Jetzt erst recht“, werden sie ausrufen.

Das Urteil von heute ist gut und wichtig aus Sicht der Demokratie. Aber es löst nicht das Problem nach wie vor grassierend hoher Wahlprognosen für die AfD in ostdeutschen Bundesländern (Sachsen: 31,3 Prozent, Thüringen: 30 Prozent, Brandenburg: 26,2 Prozent), in denen im September gewählt wird. Kommt sie dort an die Macht, wird die Partei erstmals damit beginnen, auf Landesebene Verfassung und Gerichte zu ihrem Vorteil auszuhöhlen.

Alternativen zur rechten Manipulation der AfD

Sich über sinkende Prozente, genauer gesagt 17 Prozent, in der bundesweiten Sonntagsfrage zu freuen, macht also kaum Sinn. Besser wäre es, der allgemeinen Krisenwirkung entgegenzuwirken, der Sorge vor Statusverlust, wie der Politikwissenschaftler Marcel Lewandowsky im Spiegel-Interview über Populismus fordert: „Da spreche ich im weitesten Sinne von Sozialpolitik. Ein anderer Hebel könnte sein, die Menschen politisch mehr zu beteiligen.“

Warum? Um die Nichtwählerinnen und Nichtwähler zurück an die Urne zu holen, den jungen, von der Politik enttäuschten Menschen Alternativen zur rechten Manipulation zu bieten und die Bürgerinnen und Bürger wieder ins Gespräch zu bringen. Auch wenn Politikwissenschaftler Lewandowsky meint: „Viele Menschen haben sich einfach eingemauert in ihrer Vorstellungswelt. Wir müssen damit leben, dass sie dort eine Zeit lang bleiben.“

Nur ein Detail, warum das wichtig ist: Wie die taz berichtet, hat Götz Kubitschek, Gründer des so genannten Instituts für Staatspolitik in Schnellroda in Sachsen-Anhalt, das selbige Institut jetzt aufgelöst. Es galt als Think Tank der neuen Rechten in Deutschland. „So ein Verein hat keinen Zweck mehr, wenn er seine Gemeinnützigkeit endgültig verloren hat und wenn ihn der Gegner durchlöchert hat wie eine Scheibe auf dem Schießstand“, zitiert ihn die Zeitung. Kubitschek hat derweil die Unternehmergesellschaft „Menschenpark“ gegründet, mit der er weitermachen will. „Die Auflösung erscheint damit als ein rein taktischer Zug“, vermutet die taz.

Demos gegen die AfD, Urteile zugunsten des Verfassungsschutzes oder sinkende Zustimmung halten AfD und Co. so schnell nicht auf. Staat und Gesellschaft müssen wachsam bleiben!

Foto: Thomas Keßler, OVG NRW

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