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Psychologie der Rechtsradikalisierung

Jena/Trier – Die Europawahl und aktuelle Umfragen deuten darauf hin, dass immer mehr Menschen rechtspopulistische und rechtsradikale Gedanken nicht nur tolerieren, sondern auch teilen und unterstützen. Den Gründen dafür gehen die Psychologen Tobias Rothmund von der Uni Jena und Eva Walther von der Uni Trier in ihrem neuen Buch „Psychologie der Rechtsradikalisierung“ nach.

Gemeinsam mit einer Vielzahl wissenschaftlicher Fachleute analysieren sie darin die Dynamik individueller Radikalisierung als Zusammenspiel motivationaler, ideologischer und verhaltensbezogener Faktoren. Dass populistische und rechtsextreme Positionen immer leichter Gehör finden, resultiere unter anderem aus wachsender ökonomischer Ungleichheit, Ressourcenknappheit und sich überlagernder internationaler Krisen, die von vielen Menschen als Bedrohung empfunden werden, so die Autoren.

Nicht alle anfällig für Radikalisierungsprozesse

„Rechtsextreme Ideologien bieten für solche Verlust- und Benachteiligungserfahrungen einfache Lösungen an“, sagt Tobias Rothmund. Der Professor für Kommunikations- und Medienpsychologie verweist auf die häufig bemühte Idee, dass „früher alles besser war“ und mit einer Rückkehr zu traditionellen Lebensweisen die Probleme wieder verschwinden würden. Solche Deutungen würden den Einzelnen entlasten, indem sie die Verantwortung anderen wie der Politik oder Menschen mit migrantischem Hintergund zuschreiben und gleichzeitig die eigene Selbstwirksamkeit stärken. „Man kann also von einer Art Selbstermächtigungsbewegung sprechen“, so der Psychologe.

Doch nicht alle Menschen seien gleichermaßen anfällig für Radikalisierungsprozesse. Das Buch thematisiert auch die Persönlichkeitsunterschiede, die dabei eine Rolle spielen. „Personen mit autoritärer Persönlichkeit sind besonders anfällig für Bedrohungsempfindungen und neigen dazu, rechtsgerichtete politische Einstellungen zu entwickeln“, so Eva Walther Einblick aus ihrer eigenen Forschung: „Gleichzeitig sind diese Personen besonders feindselig Personen gegenüber, die ihre Normen und Werte infrage stellen.“

Präventionsansätze und deren Wirksamkeit

Auch mögliche Präventionsansätze und deren Wirksamkeit werden diskutiert: Entscheidend sei, dass die Bedürfnisse und Befindlichkeiten der Menschen, die sich antidemokratischen Ideologien zuwenden, in den Blick genommen werden. Zugleich müssten die normativen Grenzen des Grundgesetzes verteidigt und Verletzungen geahndet werden, um der schleichenden Normalisierung demokratiefeindlicher Ideologie entgegenzuwirken.

Tobias Rothmund, Eva Walther (Hrsg.): Psychologie der Rechtsradikalisierung. Theorien, Perspektiven, Prävention (2024), ISBN 978-3-17-043997-9

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