Studien

Jeder Fünfte will bei AfD-Sieg gehen

Berlin – Bleiben oder gehen? Wie Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte auf die AfD blicken, dazu hat das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) jetzt die Kurzstudie „Ablehnung, Angst und Abwanderungspläne – Die gesellschaftlichen Folgen des Aufstiegs der AfD“ veröffentlicht.

„Mit und ohne Migrationshintergrund denken angesichts des AfD-Aufstiegs viele über Auswanderung aus Deutschland oder Wegzug aus ihrem Bundesland nach“, stellt das Zentrum fest. Die Folgen für Wirtschaft, Demokratie und Zusammenhalt wären verheerend, warnen die Forschenden. Die Ergebnisse der Europawahl und der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen würden zahlreiche Fragen aufwerfen: Werden die AfD und ihre Standpunkte zunehmend auch von der breiten Mitte der Gesellschaft akzeptiert? Wie „normal“ ist es, die Partei zu wählen? Welche Gefühle lösen Pläne zur „Remigration“ – ein zentraler Teil des Parteiprogramms – in der Bevölkerung aus? Und wie könnten sich weitere AfD-Wahlerfolge auf Abwanderungsabsichten innerhalb Deutschlands und Auswanderung auswirken?

„Die Studie zeigt, dass die AfD keine breite ideologische Unterstützung hat“, bilanziert Sabrina Zajak, Leiterin der Abteilung Konsens und Konflikt im DeZIM. Extreme Positionen, etwa zur „Remigration“, stießen auf deutliche Ablehnung. „Die bürgerlichen Parteien sollten sich also klar von der AfD abgrenzen. Um gravierende Folgen für Demokratie, Zusammenhalt, aber auch die Wirtschaft abzuwenden, sollten sie Lösungen bieten und jene ernst nehmen, die den Aufstieg der Partei mit Sorge sehen“, so Zajak.

Laut Studie denken erhebliche Teile der Bevölkerung angesichts des AfD-Aufstiegs über Auswanderung nach oder haben sogar bereits derartige Pläne: Fast jede vierte befragte Person mit Migrationshintergrund erwägt zumindest hypothetisch, Deutschland zu verlassen. Bei den Befragten ohne Migrationshintergrund trifft das immerhin noch auf 11,7 Prozent zu. Der Anteil derer, die bereits konkrete Pläne gemacht haben, beträgt bei Befragten mit Migrationshintergrund 9,3 Prozent – also fast ein Zehntel. Bei Befragten ohne Migrationshintergrund trifft dies nur auf wenige zu (1,9 Prozent).

Die Werte sind höher, wenn nach Überlegungen und Plänen für den Wegzug in ein anderes Bundesland gefragt wird – im Falle einer Regierungsbeteiligung der AfD im eigenen Wohnbundesland: Mehr als ein Drittel (33,8 Prozent) der Befragten mit Migrationshintergrund spielt mit dem Gedanken, das Bundesland zu wechseln. Konkrete Pläne haben 12,5 Prozent von ihnen, wobei dies für Menschen mit Herkunft aus dem arabischen Raum (24,1 Prozent) und aus europäischen Nicht-EU-Staaten (15,3 Prozent) besonders häufig zutrifft. Bei den Befragten ohne Migrationshintergrund denkt fast jeder siebte (14,2 Prozent) über einen Wegzug nach, ein geringer Teil (3,4 Prozent) hat dazu konkrete Pläne.

AfD-Pläne lösen Angst aus

Die meisten Befragten der Studie (84,9 Prozent) lehnen die AfD-Pläne zur „Remigration“ ab. Sogar knapp drei von zehn ihrer Anhänger (28,9 Prozent) stehen diesen Plänen kritisch gegenüber. Die Ergebnisse zeigen, dass die Debatte um „Remigration“ bei knapp 60 Prozent aller Befragten – unabhängig von der Herkunftsregion – Angst auslöst. Eine klare Mehrheit der Befragten stuft die Partei als demokratiefeindlich (72,4 Prozent), rassistisch (80 Prozent) und extremistisch (76,9 Prozent) ein. Rund 71 Prozent der Befragten sehen sie nicht als eine Partei „wie jede andere“ (70,8 Prozent). Diese Einschätzungen sind weitgehend unabhängig von Faktoren wie Herkunft oder politischer Einstellung. Einzig die Anhänger der AfD bewerten dies anders.

„Diese Analyse zeigt deutlich die Spaltung in der Gesellschaft“, so Andreas Zick, Professor für Sozialisation und Konfliktforschung an der Universität Bielefeld: „AfD-Sympathisanten stimmen im klaren Gegensatz zu allen anderen demografischen und politischen Gruppen dem rechtsradikalen Konzept der ‚Remigration‘, das massenhaft Menschen umsiedeln will, eher zu.“ Die Stimmung erzeuge Angst und Auswanderungsgedanken bei Andersdenkenden. „Zugleich zeigen die Daten, dass sich AfD-Anhänger für normal und nicht radikal halten“, so Zick.

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